Überreste einer getöteten Meeresschildkröte am Strand

Bedrohungen und Schutz

Natürliche Bedrohungen und Feinde

Erwachsene Meeresschildkröten haben wenig Fressfeinde, außer große Haie und Schwertwale,  denn diese Raubtiere können durch den Schildkrötenpanzer beißen.

Eier, frisch geschlüpfte und juvenile Meeresschildkröten hingegen sind mannigfaltigen Fressfeinden ausgesetzt. Nicht nur Krabben, Hunde, Katzen und Seevögel graben nach ihren Eiern, auch Schweine, Warane und andere Tiere. Die Nester von Meeresschildkröten können durch Pilzinfektionen oder aber auch Überschwemmungen bei hohem Wellengang zerstört werden. Haben die jungen Schildkröten ihren Weg ins Meer geschafft, können sie dort von Raubfischen gefressen werden.

Ferner machen auch Krankheiten (vor allem die Fibropapillomatose), Aufwuchs und Parasiten den Schildkröten zu schaffen.

An diese Bedrohungen sind aber die Meeresschildkröten durch Jahrmillionen der Evolution gut angepasst, sie stellen keine kurzfristige Gefährdung des Fortbestandes der Meeresschildkröten dar. Anders sieht es jedoch durch die massiven menschengemachten Bedrohungen in den letzten wenigen Jahrhunderten aus.

Bedrohungen durch den Menschen

Schätzungen sprechen von über 1 Milliarde adulter Individuen der Meeresschildkröten aller sieben Arten vor Erscheinen des Menschen (davon etwa 600 Millionen Grüne Meeresschildkröten). Menschen nutzen Meeresschildkröten schon seit prähistorischer Zeit als Nahrungsquelle. Er wurde allerdings erst zur echten Gefahr mit Beginn der Industrialisierung vor ca. 200 Jahren. Allein in den letzten 100 Jahren nahm die weltweite Meeresschildkrötenpopulation um 60 % ab. Gegenwärtige weltweite Populationen adulter Atlantik-Bastardschildkröten bewegen sich wahrscheinlich im einstelligen 1.000er-Bereich; Lederschildkröten einige 10.000. Bei den menschengemachten (anthropogenen) Bedrohungen kann zwischen direkten Nachstellungen und indirekten Bedrohungen unterschieden werden.

Direkte Nachstellungen: Jagd und Ausbeutung der Eier

Obwohl Meeresschildkröten schon in vielen Teilen der Welt geschützt sind, wird trotzdem noch nach ihnen gefischt und ihr Fleisch gegessen. Die Echten Karettschildkröten werden noch zusätzlich wegen ihres Schildpatts bejagt und sind daher inzwischen besonders vom Aussterben bedroht. In vielen Ländern graben die Leute die Eier der Meeresschildkröten am Strand aus, um sie zu essen oder als Delikatesse zu verkaufen.

Indirekte Bedrohungen

Da die direkte Jagd auf Meeresschildkröten und das massenhafte Absammeln der Eier in den meisten Ländern schon weitgehend unterbunden werden konnte, kommt den indirekten Bedrohungen eine immer größere Bedeutung zu. Indirekte Bedrohungen richten sich nicht gezielt gegen die Meeresschildkröten, sondern entstehen durch die Tätigkeiten und Einflüsse einer immer weiter wachsenden menschlichen Bevölkerung. Im Gegensatz zu den direkten Bedrohungen nehmen die indirekten Bedrohungen weiterhin zu, zum Teil massiv. Häufig ist ihnen wesentlich schwerer durch Schutzmaßnahmen zu begegnen als den direkten, heute fast immer illegalen und daher strafrechtlich verfolgten direkten Nachstellungen. Von den indirekten Bedrohungen sind die folgenden am wichtigsten:

Tourismus und Küstenverbauung

Alle Meeresschildkrötenarten verlieren ihren Lebensraum zunehmend durch Tourismus und Küstenentwicklung; Strände an die die Schildkröten zum Nisten kommen werden verbaut; nachts verhindern z.B. Liegestühle an Touristenstränden, dass die weiblichen Tiere an Land kommen können und einen geeigneten Platz für die Eiablage finden. Nisten sie dennoch an solchen Stränden, sind die Nester durch die Touristen oder auch Einheimischen selbst gefährdet, die z.B. ihre Sonnenschirme an diesen Plätzen in den Sand stecken, wo sich Nester befinden und diese somit zerstören. Es kann auch passieren, dass durch die Erschütterungen, die durch die Menschen am Strand verursacht werden, die Schildkröten zu früh und untertags statt nachts schlüpfen und dann in der Sonne vertrocknen. Hindernisse am Strand wie Liegestühle, aber auch Reifenspuren von Autos, können zu einem unüberwindbaren Hindernis für eine Meeresschildkröte werden. Die Spur, die ein Autoreifen im Sand hinterlässt, ist für eine frischgeschlüpfte Meeresschildkröte oft zu tief um alleine wieder herauszukommen.

Lichtverschmutzung

Eine zusätzliche Bedrohung an verbauten Stränden stellt künstliches Licht dar. Wenn die Schildkröten nachts schlüpfen, laufen sie auf den hellsten Bereich zu, der normalerweise das Meer ist, und finden so ins Wasser. Künstliche Lichtquellen z. B. aus Häusern, Hotels oder Restaurants, desorientieren die Tiere, sie finden ihren Weg ins Meer nicht und vertrocknen in der heißen Sonne.

Zerstörung mariner Habitate

Seegraswiesen und Korallenriffe stellen wichtige nahrungsgründe für die Meeresschildkröten dar. Deren zunehmende Zerstörung durch den Menschen ist daher ein sehr ernstes Problem.

Fischerei

Viele Meeresschildkröten sterben als sogenannter „Beifang“, d.h. sie geraten in Netze oder an ausgelegte Köderleinen der Fischer, verheddern sich dort und ersticken, weil sie zum Luft holen nicht mehr an die Oberfläche schwimmen können. In einigen Gebieten, z. B. dem Golf von Mexiko, werden bereits sogenannte „TEDs“ (Turtle Excluder Devices) in der Schleppnetzfischerei nach Shrimps eingesetzt; dabei verhindert eine spezielle Vorrichtung, dass Meeresschildkröten und andere größere Meerestiere und Seevögel aus Versehen mitgefangen werden.

Boot- und Schiffsverkehr

Meeresschildkröten werden oft von Motorbooten überfahren und können so lebensgefährlich von den Propellern verletzt werden.

Umweltverschmutzung

Auch die zunehmende Umweltverschmutzung ist eine ernste Gefahr; generell werden die Tiere geschwächt und anfälliger für Krankheiten. Immer wieder werden Schildkröten gefunden, die sich in herumtreibendem Müll z.B. Plastikleinen oder Netzen verfangen. Da sich viele Schildkröten von Quallen ernähren, können im Meer treibenden Plastiktüten ihnen zum Verhängnis werden: sie halten das Plastik für Quallen und fressen es; verdaut kann es jedoch nicht werden, es sammelt sich im Darm der Schildkröte an, verstopft diesen und führt so schließlich zu ihrem Tod. Oft werden tote Meeresschildkröten gefunden, deren Darm voller Plastik ist. Auch andere Arten von Müll werden versehentlich als Futter verschluckt – angetriebener Müll hingegen kann ganze Strände oder Strandabschnitte für Schildkröten unzugänglich machen. Der Brand der Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexiko im Jahr 2010 hat auch wieder auf die Gefahren durch Förderung und Transport von Öl aufmerksam gemacht. Die beginnende Erholung der Bestände der seltensten Meeresschildkröte, der Atlantik-Bastardschildkröte, die es nur im Golf von Mexiko gibt, hat dabei einen herben Rückschlag erlitten.

Klimawandel

Die beginnende Veränderung des Weltklimas wird auch für die Meeresschildkröten Folgen haben, die derzeit noch gar nicht absehbar sind. Dies betrifft zum einen die Veränderung der Küsten und Strände als überlebensnotwendige Nistgebiete. Hinzu kommt die Abhängigkeit der Entwicklung von Weibchen und Männchen in Abhängigkeit von der durchschnittlichen Bruttemperatur. Ist diese zu hoch, entstehen keine Männchen mehr, was für die Populationsentwicklung natürlich fatal ist. Gegenmaßnahmen können hier nur in begrenztem Maße künstliche, temperaturgeregelte halbnatürlich Brutstätten (Hatcheries) sein.

Helfen auch Sie uns beim Schutz der Meeresschildkröten durch eine klassische Spende, eine symbolische Patenschaft, einen Einkauf von Merchandising in unserem Onlineshop oder durch ein Volontariat auf Boa Vista.