Wenn nachts am Strand die Schildkrötenbabys schlüpfen, ist Maya Visbeck in ihrem Element. Als Langzeit-Volontärin für die Turtle Foundation hat sie einen unvergesslichen Sommer auf Boavista erlebt – zur Nachahmung empfohlen!
„Ich heiße Maya Visbeck. Geboren bin ich in den USA und aufgewachsen in Deutschland, immer irgendwo an der See. Seit frühester Kindheit habe ich immer im Meer gespielt und mich dort einfach glücklich und frei gefühlt. Für mich ist dies ein ganz besonderer Ort, an dem sich Wasser mit der Natur verbindet. Cabo Verde ist für mich ein ganz besonders entspanntes Land, wo es genau dies gibt: 100 % pure Natur. Ganz besonders in Boa Vista, wo die Turtle Foundation ihren Sitz hat, gibt es etliche unberührte, atemberaubend weiße Sandstrände mit kristallklarem, blauen Wasser.
Bild: © Martin Visbeck
Nicht nur, dass dieser Ort ein beliebter Anlaufpunkt für Touristen wird, er ist außerdem das Zuhause der vom Aussterben bedrohten Unechten Karettschildkröte. Die Caretta caretta ist eine Meeresschildkröte, die auf der ganzen Welt vorkommt. Sie bewohnt den Atlantik, Indien, den Pazifischen Ozean ebenso wie das Mittelmeer. Florida ist das weltweit wichtigste Nistgebiet, wobei aber im Westen des Atlantiks nistende Tiere von Virginia bis nach Brasilien angetroffen werden können. Die Kapverden sind hingegen das einzige bedeutsame Nistgebiet auf der östlichen Seite des Atlantiks und daher während der Nistsaison von Juni bis Oktober das Zuhause unzähliger Tiere.
Die durchschnittliche, voll ausgewachsene Unechte Karettschildkröte misst 90 Zentimeter und wiegt rund 135 Kilogramm. Sie verbringt den Großteil ihres Lebens im offenen Ozean und in niedrigen Küstengewässern und kommt selten an Land. Mit einer Ausnahme: die kurzen Besuche der Weibchen zur Eiablage. Und genau hier beginnt die Arbeit der Turtle Foundation: Hier können Volontäre an einem der über 30 Kilometer umfassenden Niststrände helfen, die von der Organisation geschützt werden. Die Meeresschildkröten stehen laut Kapverdischem Gesetz unter Schutz, trotzdem sind sie zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt. Wilderei, sowohl am Land als auch auf dem Meer, und der zunehmende Ausbau des Küstentourismus beeinträchtigen das Nistverhalten der Meeresschildkröten. Deshalb wird jede Hilfe, um diese vom Aussterben bedrohte Art zu schützen, dringend benötigt! Und die Arbeit ist erfolgreich: Schon im Jahr 2008, dem ersten Jahr der Turtle Foundation auf Boavista, wurden am damals einzigen von ihr bewachten Strand statt wie im Vorjahr 600 „nur“ noch 60 getötete Schildkröten gezählt, ein Rückgang der Sterblichkeitsrate um 90 % (laut Turtle Foundation, 2018). Diese Situation hat sich in den folgenden Jahren noch weiter verbessert.
Die größte Gefahr – und wie man ihr begegnet
Die Tatsache, dass wir Menschen neben Gespensterkrabben, Ameisen und Vögeln die größte Gefahr für die Unechte Karettschildkröte darstellen, machte mir klar, dass sich etwas ändern muss. Ich habe mich deshalb für ein Langzeit-Praktikum am Lacacão-Strand beworben und war mehr als überwältigt, als ich meine Reise im Juli 2017 endlich starten konnte.
Mein Einsatz bedeutete zehn Wochen voller Umweltbildung, Nachtpatrouillen, morgendlicher Zählungen und Arbeit in der Hatchery. Weil ich länger als acht Wochen vor Ort war, konnte ich schließlich Patrouillen-Leiterin werden und damit den Kurzzeit-Volontären diese wichtige Arbeit näherbringen. Dazu gehörten das Beobachten und Aufzeichnen aller Aktivitäten am Strand, das Ausmessen der Schildkröten und, falls das Weibchen Eier gelegt hat, weitere Aufgaben, um diese in der Zukunft identifizieren zu können: Kleine Metall-Markierungen an die Flossen heften, DNA-Proben nehmen und gegebenenfalls die Nester an einen ruhigeren, besser geschützten Strand umsiedeln – alles in der Nacht. Durch die Umbettung besonders gefährdeter Nester haben Eier und die Babyschildkröten eine höhere Chance, zu schlüpfen und ihren Weg ins offene Meer zu schaffen, was die größte Herausforderung in ihren ersten zwei Wochen darstellt. Es war ein wirklich einmaliges Erlebnis, zu sehen, wie die umgebetteten Eier in ihr neues Nest gelegt wurden, 55 Tage, bevor die ersten Neugeborenen auftauchen. Es ist eine Erfahrung, die nicht erklärt, sondern nur mit eigenen Augen gesehen werden kann; ein Vorgang, bei dem die beeindruckende Energie von Mutter Natur offenbar wird.
Der Kapverden-„Way-of-Life”
Während des Tages, wenn die Patrouillen und kleine Nickerchen zu Ende waren, standen Team-Aktivitäten auf dem Programm, mit allen Mitarbeitern von den Koordinatoren über die Ranger bis hin zu den Volontären. Spiele spielen, Bücher lesen, das Camp aufräumen oder einfach nur zum Strand gehen und die Natur genießen ist der typische „No Stress!“- Lifestyle der Kapverden. Die Turtle Foundation macht einen beeindruckenden Job. Sie bietet einen Ort, an dem Menschen aus aller Welt zusammenkommen, um ihre Hingabe an die Naturschutzarbeit und ihre Erfahrungen darüber teilen zu können. Und hin und wieder gibt es auch eine kleine Insel-Tour – oder man genießt seine freien Tage in Sal Rei, wo schon frische Pizza und Pasta auf Dich warten! Es ist sein sehr einfaches, angenehmes Leben auf den Kapverden, das die einzigartige Kultur dieser Inseln widerspiegelt.
Meine zehn Wochen in Lacacão waren ein wahrhaftig einmaliges Erlebnis, das ich mein gesamtes Leben nicht vergessen werde. Und das mich kritischer nachdenken ließ über menschlichen Konsum und unseren Einfluss auf die Umwelt. Die Turtle Foundation bietet einen Ort, an dem ich mich zu Hause gefühlt habe und wo ich einen kleinen Teil meines Herzens zurückgelassen habe. Eine professionelle Organisation, die Einsatzmöglichkeiten für jeden Menschen mit einer Leidenschaft für alles rund ums Meer bereithält. Deshalb kann ich nur empfehlen, sich einfach drauf ein zu lassen und in ein Flugzeug nach Boa Vista zu steigen! Ich werde definitiv eines Tages wieder dabei sein und kann es jetzt schon kaum abwarten, mein nächstes Abenteuer auf den Kapverden zusammen mit der Turtle Foundation zu erleben!“
Dieser Text wurde von Maya Visbeck erstellt und zur Veröffentlichung freigegeben – vielen Dank an die Autorin! Wer eigene Erfahrungsberichte teilen möchte, schreibt uns bitte an info@turtle-foundation.org.
Bild ganz oben: „Cabo Verde ist für mich ein ganz besonders entspanntes Land, wo es genau dies gibt: 100 % pure Natur.“ Der Strand von Curral Velho direkt nordöstlich des Lacacão-Camps.
Bilder: Turtle Foundation (soweit nicht anders erwähnt)