Liebe Freundinnen und Freunde der Turtle Foundation,
auch in diesem Jahr möchten wir den letzten Newsletter dazu nutzen, Ihnen die Ergebnisse der zu Ende gegangenen Nistsaison der Unechten Karettschildkröte auf Boa Vista vorzustellen. Tatsächlich können wir auf ein sehr erfreuliches Ergebnis zurückblicken, das uns für das Erstarken der bedrohten Population Hoffnung gibt.
Insgesamt haben wir auf der kapverdischen Insel zwischen Juni und Oktober 10.461 Nester an den von uns geschützten Stränden gezählt, was deutlich über den Durchschnittszahlen der letzten zehn Jahre liegt – die beiden Rekordjahre 2020/21 einmal ausgeblendet. Den Aufwärtstrend werten wir als Signal, dass wir mit unseren Maßnahmen den richtigen Weg eingeschlagen haben. Auch die besonders geringe Anzahl getöteter Muttertiere von zwei Individuen, die wir in diesem Jahr entdeckten, bestärkt uns in dieser Annahme. Mögen wir noch viele Erfolgsjahre dieser Art von der Fundação Tartaruga mit tatkräftiger Unterstützung internationaler Freiwilliger vermelden können.
Lederschildkröten – ein Niststrand, vier Dörfer
Die indonesische Provinz Aceh auf der Insel Sumatra ist vielen noch als Schauplatz des verheerenden Tsunamis von 2004 in Erinnerung. Weit weniger bekannt ist, dass Aceh auch ein bedeutendes Nistgebiet der majestätischen Lederschildkröte ist. Wir haben seit 2017 wiederholt Erkundungen und Ortsbesuche vorgenommen, um die wichtigsten Niststrände in der Region zu identifizieren. Da die Schildkröten an allen Niststränden durch Eierdiebstahl und Wilderei bedroht sind, haben wir daraufhin auf den Inseln Sipora (West-Sumatra) und Selaut Besar (Aceh) Programme eingerichtet, um die Gelege zu schützen und Daten zu erheben.
Unser Projekt auf der unbewohnten Insel Selaut Besar, die wiederum der nächstgrößeren Insel Simeulue vorgelagert ist, starteten wir im Januar 2021 in Partnerschaft mit der lokalen NGO EcosystemImpact. Es war uns bekannt, dass auch auf Simeulue selbst Lederschildkröten nisten, aber die Lage dort ist kompliziert und bietet viel Konfliktpotenzial, weil unmittelbar hinter dem 5 km langen Strand eine Straße verläuft, an der wiederum vier Dörfer liegen. Nach fast drei Jahren Überzeugungsarbeit haben wir jetzt mit allen vier Dörfern Vereinbarungen getroffen, dass die Gelege nicht mehr gesammelt und verkauft werden, sondern von einigen von uns trainierten Dorfbewohnern in geschützte Strandabschnitte umgebettet werden.
Auch wenn wir in der kürzlich begonnenen Nistsaison noch keinen reibungslaufen Ablauf erwarten können, ist dies doch ein erster, wichtiger Schritt in Richtung auf eine Ausweitung der Schutzmaßnahmen.
Wir haben ein wichtiges Thema auf die Agenda gebracht
Zur scheinbaren Verbesserung der Schutzmaßnahmen für gefährdete Meeresschildkröten mittels sogenannter „Aufzuchtstationen“ haben wir bereits mehrfach Stellung bezogen. Frisch geschlüpfte Meeresschildkröten müssen so schnell wie möglich ins Meer gelangen, um ihrem natürlichen Lebenszyklus zu folgen. Sie in Gefangenschaft zu halten, dient nicht dem Artenschutz, sondern bringt viele Probleme mit sich, wie z. B. die Ausbreitung von Infektionskrankheiten. Leider sind derartige Anlagen in Indonesien noch vielerorts gängige Praxis und werden häufig sogar mit behördlicher Genehmigung betrieben. Deshalb verstehen wir es als unsere Aufgabe, hier Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit bei staatlichen Entscheidungsträgern zu leisten.
Im Juni dieses Jahres haben wir auf dem Indonesian Sea Turtle Symposium in Jakarta unseren Standpunkt deutlich gemacht. Erfreulicherweise wurde unsere Einschätzung in das Abschlussstatement der Konferenz aufgenommen. Wir werten dies als Meilenstein und hoffen auf einen baldigen Paradigmenwechsel in diesem kontrovers diskutierten Thema. Unser Ziel ist es, Entscheidungsgremien wie das indonesische Meeresministerium zu überzeugen, dass Aufzuchtstationen in Zukunft nicht mehr als Methode des Schildkrötenschutzes anerkannt werden.
Den Blick schärfen: Plastik ist überall
Wilderei, Küstenverbauung und Klimawandel – all das sind Themen, mit denen wir uns täglich für den Erhalt der letzten Populationen von Meeresschildkröten auseinandersetzen. Doch seit einigen Jahren hat es noch ein anderes Thema in die vorderste Reihe der Bedrohungsszenarien für unsere geliebten Meeresreptilien geschafft: Plastik. Und mit ihm seine unverrottbare Präsenz. An den Niststränden, in den Mägen der Meeresbewohner, als Treibgut im offenen Meer – in jedem Stadium ihres Lebens stellt Plastikmüll eine tödliche Gefahr für Meeresschildkröten dar. Allein in dieser Nistsaison haben wir mit Unterstützung unserer Freiwilligen und der lokalen Bevölkerung über 17 Tonnen Müll von den Niststränden entsorgt.
Auch im nächsten Jahr werden wir das Thema Plastikverschmutzung weiter im Fokus halten. Neben Aufklärungsarbeit und Strandreinigungs-Aktionen planen wir ein Upcycling-Projekt auf Boa Vista, um Themen wie Müllvermeidung und Wiederverwertung noch greifbarer zu machen. Mehr dazu berichten wir Ihnen gerne im Laufe der nächsten Veröffentlichungen der Turtle Foundation … bleiben Sie gespannt!